
Wenn ich ehrlich bin, müsste ich mich als multiple Persönlichkeit bezeichnen. Ich bin Frau, Mutter, Freundin, Ehefrau, Liebhaberin, Beraterin, Lexikon, Opposition, Verbündete, Partnerin, … All diese Persönlichkeiten finden sich in jeder Familie und Partnerschaft. Der Wechsel ist fliegend und besonders spannend wird es, wenn verschiedene Rollen gleichzeitig zum Tragen kommen. Da ist der Sohn, der gerade keine Lust auf Hausaufgaben hat; die Stieftochter, die mir von einem tollen Kinobesuch erzählen will; der Mann, der schelmisch lächelnd um die Ecke kommt.
Wie leicht ist es da dem Vogelnest-Prinzip zum Opfer zu fallen. Derjenige, der am lautesten schreit, bekommt etwas. Und die Leisen müssen warten oder gehen mit der Zeit ganz vergessen. Hinterhältiger Weise sind das aber meist die eigentlich Wichtigen. Der Partner, der mit viel Verständnis immer wieder seinen Anspruch an Beziehungszeit zurücknimmt. Er weiss genau, wie es ist, denn auch er ist eine vielseitige Rollenpersönlichkeit, als Vater, Freund, Ehemann, Liebhaber, Schulter zum Anlehnen, Herumtobe-Spezialist, …
Tja, und da habe ich doch tatsächlich vor wenigen Wochen entdeckt, dass die Partner-Zeit sehr viel Spass macht. Oh, nicht, dass ich das nicht schon seit Jahren wüsste! Doch die künstlich geschaffenen Partnerinseln, bei denen die Kinder bei der Oma sind oder der Babysitter engagiert ist, waren die Hoffnungsträger der Paarbeziehung und wurden doch oft zu ernüchternden Erlebnissen. Sei es, dass der angesammelte Schlafmangel seinen Tribut forderte, sich unliebsame dringende Themen in den Vordergrund schoben, oder man einfach von einem anstrengenden Tag nicht schnell genug auf Entspannungs- und Romantikmodus umschalten konnte.
Ok, aber was habe ich dann so Weltbewegendes entdeckt? Den Moment. Ich habe den Moment entdeckt. Es sind die wenigen Sekunden, die es dauert meinem Mann ein Lächeln zu schenken, während ich ihm die Kaffeetasse reiche. Das schelmische Schmunzeln, wenn ich ihm die Sonnenbrille, die er verzweifelt gesucht hat, entgegenstrecke. Es ist der innige Kuss, den wir uns zwischen Tür und Angel stehlen. Es ist das verständnisvolle Lächeln mit dem mein Mann den Raum verlässt, wenn er sieht, dass ich gerade einfach 5 Minuten Ruhe brauche. All das hat nichts Künstliches, birgt keine hochtrabenden Erwartungen, es ist Beziehung, Freundschaft und Liebe. Alles in einem und unbezahlbar.
P.S.: Wem noch der richtige Mensch für diese Momente fehlt, der findet ihn vielleicht auf singlemitkind.